Kultur & Gesellschaft

Legalisierung und so.

posted by Daniel Winter November 14, 2014 0 comments

Warum Cannabis nicht nur komplexe Auswirkungen auf das Gehirn hat, sondern auch die Legalisierungsdebatte komplex ist.

Heute, am 14. November 2014 findet also an der GesWi eine Diskussionsveranstaltung zum Thema Cannabis statt. Legalisieren? Entkriminalisieren? Den Status quo beibehalten? Den verschiedenen Meinungen eine Stimme verleihen werden unter anderem Hans Söllner, Julia Herr (SJ), Martina Jöbstl (ÖVP) und ein Vertreter des Cannabis Social Clubs. Man kann nur hoffen, dass die Diskussion hochwertig wird und nicht zu einem leidigen Gespräch à la Cannabis ist leiwand vs. böse bzw. harmlos vs. gefährlich verkommt.

Denn wie so oft im Leben, sind politische Fragestellungen oftmals komplexer als die persönliche Meinung, die man zu einer Sache oder einem Thema hat. Die Frage nämlich, ob Cannabis legalisiert (oder der Konsum entkriminalisiert) werden soll, hat nur mittelbar etwas mit der Meinung, die man zu Cannabis (bzw. auch Drogen im Allgemeinen) hat, zutun.

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Der Umstand, dass die Gesetzgebung großteils nicht von objektiven Faktoren wie der potentiellen Abhängigkeit und dem möglichen physischen Schaden, die eine Droge auslösen kann, sondern von historischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Faktoren beeinflusst ist, legt nahe, sich selbst ein paar Fragen zu stellen, bevor man sich zu einer Meinung durchringt.

Ein Fragenkatalog:
1. Welche Auswirkungen (positive/negative) haben Drogen auf die Gesellschaft?

2. Warum sind manche (härtere) Drogen erlaubt, während andere (weichere) Drogen es nicht sind?

3. Warum bin ich möglicherweise der Meinung, dass härtere Drogen erlaubt bleiben sollen, während ich bei weicheren Drogen, die nicht erlaubt sind,

weiterhin gegen eine Legalisierung bin?

4. Was macht eine Droge zur sogenannten Einstiegsdroge?

5. Sind Strafen ein geeignetes Mittel, Menschen vor sich selbst zu schützen?

6. Hilft Gefängnis gegen Sucht?

7.Sollten manche Drogen (z.B. Alkohol u. Nikotin) möglicherweise erst ab 18 erlaubt sein?

8. Wie sieht eine funktionierende Suchtprävention aus?

9. Werden Drogen verharmlost, nur weil man ihren Konsum entkriminalisiert?

10. Werden Drogen verharmlost, nur weil man sie legalisiert?

11. Sind Drogen, die potentiell nur psychisch abhängig machen, anders zu bewerten als jene, die auch zu körperlicher Abhängigkeit führen können?

12. Was stelle ich mir unter der Legalisierung von Drogen vor?

13. Wie müsste ein solches Gesetz aussehen, dass ich der Legalisierung von Cannabis (oder auch anderen Drogen) zustimme?

14. Wie müsste ein solches Gesetz aussehen, dass ich der Legalisierung von Cannabis (oder auch anderen Drogen) nicht zustimme?

Zurück zu Cannabis:
Verschiedene Studien zu Langzeitwirkungen von Cannabis-Konsum widersprechen sich teilweise. Während manche eine verstärkte Prävalenz für Schizophrenie feststellt, finden andere keine Evidenz dafür. Eine neue Studie kommt zum Ergebnis, dass längerfristiger Cannabiskonsum mit geringerem Vorkommen an grauer Hirnsubstanz korreliert. Bedeutet: Dummheit führt zum Cannabiskonsum oder/und Cannabiskonsum macht dumm. Angenommen Cannabis macht dumm. Haben also die Menschen Recht, die sagen, dass Cannabis nicht legalisiert werden soll?

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Nun ja, es gibt eine ganze Reihe an Studien, die belegen, dass Alkohol Gehirnzellen absterben lässt und für eine Reihe an ernsthaften (und für die Kassen kostspielige Erkrankungen) verantwortlich ist. Müssten also nicht dieselben Menschen, die so argumentieren, ebenfalls für ein Verbot von Alkohol eintreten? Oder Nikotin? Oder extrem zuckerhaltige Nahrungsmittel?

Es gibt verschiedene Gründe, die es rechtfertigen, eine Substanz zu verbieten. Damit ein Verbot auch Sinn macht, müssen aber alle davon erfüllt sein: a) die Substanz ist gesundheitsschädigend, b) die Substanz ist gefährlich für die Gesellschaft und c) die Substanz ist schwierig zu produzieren und darum schwerer erhältlich, wenn sie verboten ist.

Alkohol  ist a) gesundheitsschädlich, hat b) negative gesellschaftliche Auswirkungen (freilich nicht ausschließlich) und ist c) leicht zu produzieren.

Cannabis ist a) möglicherweise ungesund, hat b) wahrscheinlich keine effizienzfördernden gesellschaftlichen Auswirkungen und ist c) leicht zu produzieren.
Ein Verbot macht ergo keinen Sinn. Weil die Produkte sogar relativ einfach herstellbar sind, hat eine Legalisierung sogar einige Vorteile: staatliche Qualitätskontrolle & Normfestlegung, Regulierung der Abgabe (Alter, Menge, Form), Steuereinnahmen.

Heroin im Gegensatz ist a) gesundheitsschädlich, b) gefährlich für die Gesellschaft und c) schwierig zu produzieren. Der Verfasser dieses Blog-Beitrages hält es daher für gerechtfertigt, dass diese Substanz verboten ist. Mit der Frage, inwiefern eine medikamentöse (verschreibungspflichtige) Abgabe solcher Substanzen sinnvoll sein kann, damit hat sich der Verfasser nicht beschäftigt. Dass aber wiederum der Besitz und damit Süchtige, die letztlich Opfer ihrer Abhängigkeit sind, kriminalisiert werden, empfindet er ebenfalls als äußerst problematisch.

Dieser Text wurde zuerst hier publiziert.

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