Politik

Warum ich denke, dass Kerns Plan A gelingen kann

posted by Philipp Keller January 25, 2017 0 comments

Für mich ist es am Ende ein politischer Erfolg für Österreich, wenn möglichst viele jener Probleme, die wir seit Jahrzehnten mitschleppen und diskutieren, gelöst werden. Ein Erfolg setzt sich aus allen kleinen Maßnahmen zusammen, die am Ende eine Verbesserung bringen, oder ein Ziel erreichen. Der gute Wille allein reicht nicht, aber das potenzielle Scheitern eines Teilzieles soll nicht als Vorsatz dazu dienen, eine komplette Strategie abzulehnen.

Der Plan A von Christian Kern beinhaltet 8 Kapitel aus verschiedenen Politikbereichen. Ich denke, dass darin ein großer Teil der aktuellen Herausforderung für die österreichische Politik thematisiert werden. Ich denke nicht, dass jede einzelne Idee in diesem Dokument brilliant ist. Aber man soll ein politisches Konzept am Besten messen, was es leisten kann. Nicht an seinen Schwachstellen oder Auslassungen. Sehr oft wird das kritische Denken gefordert. Das wird aber oft als Fehlersuche missverstanden, die in den meisten Fällen destruktiv ist.

Unumstrittene Punkte

Es gibt eine Reihe an Punkten im Plan A, die bei gutem Willen aller Beteiligten kein Problem in der Umsetzung darstellen. Sie werden nur dann zum Problem, wenn man sie ablehnt, nur weil der Vorschlag von einem politischen Gegner kommt, oder weil man eigene Vorteile zu Gunsten der Allgemeinheit aufgeben müsste.

Das können wir uns aber nicht leisten. Es ist vernünftig, sich Zeit zu nehmen, um Vorschläge zu überdenken und zwischen Alternativen abzuwägen. Aber unter diesem Vorsatz wurden seit Jahrzehnten viele gute Reformvorschläge zum Vorteil weniger blockiert. Daher denke ich nicht, dass wir uns es leisten können, noch ein gutes Konzept abzulehnen.

Als überzeichnete Warnung an alle progressiven, liberalen und konservativen Menschen füge ich hier eine Grafik zu den Oberösterreichischen Landtagswahlen an. So sieht Stillstand und Nichtstun extrapoliert aus.

GIF

Die Reaktion auf „Stillstand“ wird hier durch den Faktor der aktuellen Wählerströme repräsentiert. In einem Markovkettenmodell ist hier projiziert, wie die Wahlergebnisse aussehen würden, wenn sich überhaupt nichts ändert.Quelle: eigene Berechnung aus SORA Daten.

Vereinfachung der Verwaltung

Ich möchte vier Punkte zur Verbesserung der österreichischen Verwaltung herausgreifen, um zu zeigen, wie konkret dieser Plan ist, und wie unumstritten manche seiner Punkte sind.

One stop shop Prinzip ausbauen (S. 130): Ein One-Stop-Shop ist eine lokale Behörde, bei der man als Staatsbürger alle notwendigen bürokratischen Schritte durchführen kann. Das Prinzip bedeutet, dass man es einem Staatsbürger ermöglichen möchte, möglichst viele Anträge und Erklärungen an Ort und Stelle zu erledigen, anstatt sich von einer Behörde zur nächsten bewegen zu müssen, um ein komplettes Dossier zu erhalten. Dies zu etablieren ist eine große Herausforderung. Aber ich sehe keine inhaltlichen Argumente, die gegen diese Zielsetzung sprechen.

Förderstellen für Forschung und Entwicklung reduzieren (S. 130): Am Ende soll nur die Qualität des Forschungsprojekts ausschlaggebend sein, nicht die Kenntnisse über die Verwaltungswege. Wenn aber die Fördereinrichtungen so unübersichtlich gestaltet sind, dass dies eine „Marktbarriere“ darstellt, werden viele gute Forschungsprojekte nicht an eine Förderung kommen. Die Wirkung der Förderung verschenkt so Potenzial, ohne weniger zu kosten.

Amtswege auf Wunsch nur noch digital (S. 131): Ob man wichtige Dokumente digital am Computer organisiert, oder ob man die Papierform bevorzugt, ist meiner Meinung nach nicht immer eine Frage von Fortschrittlichkeit. Tatsache ist aber, dass die Möglichkeiten der Organisation durch die Digitalisierung erheblich verbessert werden. Man denke nur an die erleichterte Suche. Daher sehe ich auch hier kein Argument, dass dagegen sprechen sollte, diese Möglichkeiten nicht zu nutzen. Vor allem weil alle Beteiligten davon profitieren können.

Eine einheitliche Rechtsordnung: Der Plan A sieht vor, parallele Gesetzgebungszuständigkeiten aufzuheben. Eine Vereinheitlichung wird für mehrere Bereiche angedacht, wie zB bei Denkmalschutz und Baubewilligung, Naturschutz, Bildung. Um eine erneute Verwilderung der Rechtsordnung vorzubeugen, kommt man auf die Idee einer „sunset clause“ zurück – Gesetze nur noch befristet zu erlassen. Ist es überhaupt vorstellbar, dass jemand diese Absicht nicht teilt? Die österreichische Gesellschaft hat keinen Nutzen von Unklarheit oder Doppelgleisigkeit. Mir fällt generell auf, dass manche andere Länder einen viel stärkeren Fokus auf die Vermittlung von geltenden Regeln legen. Daran sollten wir uns inspirieren.

Dies sind nur einige Beispiele, ausschließlich aus dem Kapitel zu Staat & Politik (S. 130-9). Ich denke, schon allein die Umsetzung einiger Maßnahmen aus diesem Kapitel würde einen Schritt in die richtige Richtung bedeuten. Alle oben genannten Punkte sind meiner Meinung nach unumstritten. Und mit gutem Willen von allen Seiten sofort machbar.

Die Wahrnehmung von Plan A

Der Plan A ist nicht frei von kontroversen Vorschlägen. Die Hochschulpläne, die sich im Plan A finden, werden von den direkt Betroffenen sehr skeptisch gesehen. In diesem Bereich gibt es verschiedene Vorstellungen über die Modelle, die die zahlreichen bestehenden Probleme lösen können. Nicht nur Trump University hat ein Problem. Aber ich halte es für falsch, aus diesem Grund den kompletten Plan abzulehnen. Wir haben die Möglichkeit, mit einer moderaten Regierung die sich auf stabile Institutionen stützt einen Berg an Problemen stückweise abzutragen. Oder dies so lange zu verzögern, bis der Protest der Menschen wieder missinterpretiert wird. Und dann fähige Demagogen ungestört in die eigene Tasche arbeiten können, während sich an den Problemen kaum etwas ändert.

Auch wenn wir uns schon daran gewöhnt haben, Einwände zu bringen, warum wer auch immer dem nie zustimmen wird. Ich denke, dass Plan A gelingen kann. Wir wurden 2016 mehrmals überrascht – negativ wie positiv. [1] Wer den Film „Lawrence of Arabia“ gesehen hat, kennt einen der Schlüsselmomente: „Nothing is written.“ Nichts steht fest, nur weil es immer schon so war.

[1] Vor allem ich: Ich habe gegen Portugal als Europameister, gegen Trump als US-Präsident gewettet, und auf Hofer als Bundespräsident gesetzt.

Foto: Arne Müseler

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