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BIG Business

posted by Tobias Neugebauer March 3, 2017 0 comments

Warum das Konjunkturpaket für Wissenschaft und Wirtschaft eine Mogelpackung ist

Vor gut einem Monat ließ sich Bundesminister Mitterlehner dafür feiern, Universitäten und Schulen durch ein Sonder-Bauprogramm zu fördern. Doch was ist dran am Konjunkturpaket für Wissenschaft und Wirtschaft? Woher kommt plötzlich das „viele“ Geld, das man in die Bildung investieren will? Und wird das Geld wirklich in Bildung investiert, oder ist jemand anderes heimliche Nutznießerin der € 250 Millionen?

Am 19. Jänner kündigte Bundesminister Mitterlehner (ÖVP) in einer Presseaussendung des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) groß an, dass er „ein mit 250 Millionen Euro dotiertes Bauprogramm für Universitäten und Schulen“ starten werde. Damit soll die Infrastruktur an den österreichischen Schulen und Hochschulen verbessert werden, um das Lehren und Lernen in Österreich zu unterstützen. Doch woher kommt auf einmal das Geld des Wissenschaftministers, das im Bildungsbereich schon lange fehlt? Das neue Sonder-Bauprogramm wird zu 100 Prozent aus künftigen Gewinnausschüttungen der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) finanziert, erklärt der (auch oder vor allem) Wirtschaftsminister. Natürlich lassen sich bei dieser Gelegenheit auch die beiden Geschäftsführer der BIG, Hans-Peter Weiss und Wolfgang Gleissner, feiern, haben sie doch gut gewirtschaftet. Dass die (Hoch)Schulen gar keine andere Wahl hatten, als die Räumlichkeiten von der BIG zu den von dieser vorgegebenen Preisen – samt Gewinnspanne für die Gesellschaft – zu mieten, muss man ja nicht erwähnen.

Was ist die BIG?

Die BIG ist die größte Immobilieneigentümerin Österreichs. Kerngeschäft ist die Bewirtschaftung und Verwaltung der rund 2.100 Liegenschaften vom Neubau bis zum Abbruch. Das Bundesministerium für Bildung, die Österreichischen Universitäten sowie die Bundesministerien für Justiz, Finanzen und Inneres sind die größten Mieter_innen.

Die BIG ist ein gewinnorientiertes Unternehmen im Staatseigentum, weshalb die Gewinne der Gesellschaft an den Staat als Eigentümer ausgeschüttet werden. Die geplanten € 250 Millionen sollen nun nicht als Gewinne an die Republik (das Finanzministerium), sondern durch Investitionen in neue beziehungsweise sanierte Uni- und (Bundes)Schulgebäude fließen. Laut Mitterlehner werden die Universitäten € 150 Millionen bekommen, € 100 Millionen sind für die Schulen reserviert. Doch stimmt das wirklich?

Rechnet sich das für die Hochschulen?

Ganz so rosig sieht die Rechnung für die Universitäten und Schulen natürlich nicht aus. Denn woher kommen und wohin gehen denn die Gewinne der BIG, mit denen das Konjunkturpaket verwirklicht werden soll? Ein nicht unerheblicher Anteil der BIG-Immobilien (65,7%) wird von den Universitäten und Schulen verwendet. Im Jahr 2015 wurden über 90% der BIG-Immobilien von der Republik Österreich angemietet. Daran dürfte sich auch in naher Zukunft sehr wenig ändern. Dass bei einem Jahresumsatz in Höhe von € 990,9 Millionen das Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Neubewertung und Abschreibungen (EBITDA) in Höhe von € 622,6 Millionen nicht alleine durch die Mieter_innen, die nicht dem Staat zuzurechnen sind, lukriert wird, ist dabei mehr als wahrscheinlich.

Auf den Konten der Universitäten wird davon kein Cent ankommen.

Die Gewinne der BIG werden somit zu einem beträchtlichen Teil von den (staatlichen) MieterInnen, insbesondere den Universitäten und Schulen, finanziert. Damit zahlen sie sich also den Aus- und Umbau indirekt selbst. Wie pervers (und ineffizient) dieser Mietkreisel ist, hat die Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der Technische Universität Wien (HTU Wien) auf ihrer Website  anschaulich dargestellt:

„Aufgrund der gestiegenen Studierendenzahlen gibt es einen erhöhten Raumbedarf. Mit Infrastrukturverbesserungen und der Einführung der Studienplatzfinanzierung wollen wir ein möglichst gutes Umfeld für Studierende und Lehrende schaffen“, gibt Mitterlehner in der Presseaussendung bekannt. Doch würde man den Universitäten einen viel größeren Dienst erweisen, wenn man ihnen die Hoheit über die von ihnen benötigten Räumlichkeiten zurückgeben würde, die man im Rahmen der Verleihung ihrer Vollrechtsfähigkeit entnommen und an die BIG abgegeben hat. Denn das „Konjunkturpaket für Wissenschaft und Wirtschaft“ stellt tatsächlich ein Konjunkturpaket für die BIG dar. Schließlich verwendet diese das erwirtschaftete Geld, um neues Eigentum zu erwerben und bestehendes aufzuwerten. Auf den Konten der Universitäten wird davon kein Cent ankommen. Im Gegenteil: Selbstverständlich werden die Universitäten und Schulen die neu errichteten oder renovierten Gebäude wieder von der auf Gewinn ausgerichteten Gesellschaft im Eigentum des Staates anmieten müssen. Und die BIG wird dann ein noch besseres operatives Ergebnis liefern können als „lächerliche“ € 612,9 Mio Gewinn vor Zinsen und Steuern im Jahr 2015.

Konsequenzen

Was das für die Bildungseinrichtungen bedeutet, ist klar: Die Universitäten und Bundesschulen müssen noch mehr Geld für die Miete aufbringen, welches an die BIG fließt, die damit ihre Gewinne steigern und durch Investitionen neue Gebäude errichten kann. Das Finanzministerium wird sich über die steigenden Finanzmittel freuen. Der Wirtschaftsminister freut sich auch, weil er irgendwann wieder „Sondermittel“ ausschütten kann, die großteils von den Bildungseinrichtungen finanziert werden. Nur diese können sich nicht so richtig freuen, weil sie wohl lieber selbst über das Geld verfügen würden um Gebäude zu errichten, die dann in ihrem Eigentum stünden.

Die Schulen und Universitäten können von diesem Konzept nicht profitieren, so lange sie mit ihren Mietbeiträgen zum Erfolg eines gewinnorientierten Unternehmens beitragen.  Aber was interessiert den Wissenschaftsminister schon, wie es den Schulen und Unis geht, solange man als Wirtschaftsminister selbst gut da steht?

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